BODYS-Stellungnahme zur Verfassungsbeschwerde Triage

Das Bochumer Zentrum für Disability Studies hat eine weitere Stellungnahme zur Diskussion um Triage in Zeiten der COVID-19-Pandemie veröffentlicht und reagierte damit auf eine Anfrage des Bundesverfassungsgerichts, sich als Sachverständige im Rahmen der Verfassungsbeschwerde (1 BvR 1541/20) Verfassungsbeschwerde einzubringen. In dem Verfahren geht es um die Frage, ob die Verteilung knapper intensiv-medizinischer Behandlungsressourcen in Zeiten der Pandemie gesetzlich geregelt werden müsste oder – wie es bislang der Fall ist – Richtlinien von medizinischen Fachgesellschaften ausreichend sind. Die Hinweise darauf, dass Triage bereits in deutschen Kliniken angewendet wird, häufen sich. Umso dringlicher erscheint die Auseinandersetzung mit dem Thema.

Triage: Gesetzgeber muss diskriminierungsfreie Entscheidung über intensivmedizinische Ressourcen sicherstellen

Am 16. Dezember wurde bekannt, dass erstmals in Deutschland in einer Klinik in Sachsen nicht genügend Beatmungsgeräte für Corona-Patient_innen zur Verfügung gestanden hätten und so eine Triage-Situation entstanden sei. Vor dem Hintergrund mangelnder Ressourcen in der Intensivmedizin und der sich derzeit zuspitzenden Lage, muss für Menschen mit Behinderungen und ältere Menschen unbedingt der diskriminierungsfreie Zugang zur Gesundheitsversorgung sichergestellt werden.
Derzeit gibt es keine gesetzliche Grundlage für den Umgang mit einer Triage-Situation. Es liegen lediglich Handlungsempfehlungen der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) dazu vor. Sie beschreiben, nach welchen Kriterien die zu knappen Behandlungskapazitäten verteilt werden sollen. Deren diskriminierungsfreie Anwendung in der Praxis ist nach Einschätzung verschiedener Fachverbände und Selbstvertretungsorganisationen für Menschen mit Behinderungen jedoch nicht gesichert.
Diese Problematik liegt auch einer laufenden Verfassungsbeschwerde gegen gesetzgeberisches Unterlassen (1 BvR 1541/20) zugrunde. Die neun Beschwerdeführer_innen, die der sogenannten Corona-Risikogruppe angehören, befürchten, dass sich die Handlungsempfehlungen der DIVI bei genauerer Betrachtung diskriminierend für Menschen mit Behinderungen und ältere Menschen auswirken. Denn diese ziehen zur Einschätzung der medizinischen Erfolgsaussicht einer Behandlung aktuelle Erkrankungen, Komorbiditäten und den allgemeinen Gesundheitszustand heran. Es besteht die Besorgnis, aufgrund von Beeinträchtigungen und Vorerkrankungen eine schlechtere Einstufung zu erhalten und dadurch medizinisch schlechter behandelt oder gar von einer lebensrettenden Behandlung ausgeschlossen zu werden. Die Beschwerdeführer_innen argumentieren, der Gesetzgeber müsse seiner Schutzpflicht für Gesundheit und Leben gegenüber betroffenen Bürger_innen nachkommen und anhand verfassungsrechtlich nachprüfbarer Prinzipien regeln, wie Priorisierungsentscheidungen bei der Verteilung von lebensnotwendigen Ressourcen im Falle einer Triage-Situation zu treffen seien.
Das Deutsche Institut für Menschenrechte setzt sich seit Beginn der Pandemie dafür ein, dass die Menschenrechte auch in diesen Zeiten der verbindliche Maßstab für das staatliche Handeln sein müssen, und fordert vom Gesetzgeber, rasch eine diskriminierungsfreie gesetzliche Regelung für eine Triage auf den Weg zu bringen. Mögliche Entscheidungskriterien über die Zuweisung lebensnotwendiger Ressourcen müssen menschenrechtsbasiert ausgestaltet und unter Einbeziehung aller relevanten Akteur_innen entwickelt werden. Daher müssen Fachgespräche im Bundestag, wie das am 16.Dezember im Gesundheitsausschuss geführte Expertengespräch zur Triage, zukünftig unbedingt auch Organisationen von Menschen mit Behinderungen einbeziehen.

„Das lass‘ ich mir nicht bieten – Ermutigung zur (individuellen) Rechtsdurchsetzung“: Eure Erfahrungen sind gefragt!

Liebe Freund*innen und Mitglieder der ISL, viele von uns, die eine Beeinträchtigung haben und deshalb von der Gesellschaft behindert werden, müssen ständig darum kämpfen, ihre Rechte durchzusetzen.
Das zeigt sich im Alltag ganz unterschiedlich:

Ich werde von meinem Arbeitgeber nicht ernst genommen und meine Meinungen und mein Wissen sind nicht so wichtig und gerne gehört, wie die Ansichten meiner nichtbehinderten Kolleg*innen.
Ich möchte weg von der Förderschule und zusammen mit nichtbehinderten und behinderten Schüler*innen lernen! Die Schulbehörde und mein Sozialamt wollen das aber nicht und sagen: „Da wo du wohnst, gibt es keine Regelschule die geeignet für dich wäre. An deiner Förderschule bist du am besten aufgehoben. “Es wird für dich immer anstrengender und mühsamer deinen handbetriebenen Rollstuhl zu benutzen. Deine Muskelerkrankung setzt dir da Grenzen. Um trotzdem mobil und flexibel zu sein, beantragst du bei deiner Krankenkasse einen Elektrorollstuhl. Die Krankenkasse lehnt deinen Antrag jedoch ab und sagt: „Das ist zu teuer und sie können ja auch ein Familienmitglied bitten, sie zu schieben, wenn es mal zu anstrengend wird.“

Diese Beispiele zeigen, wie gesetzlich verankerte Rechte missachtet und Selbstbestimmung und gesellschaftliche Inklusion extrem erschwert und behindert werden.
Die Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland e.V. – ISL möchte mit dem Projekt „Das lass‘ ich mir nicht bieten! Ermutigung zur (individuellen) Rechtsdurchsetzung“, verschiedene Wege aufzeigen, die euch dabei unterstützen, eure Rechte durchzusetzen:

wie man z.B. einen Widerspruch schreibt, wenn ein Kostenträger die Kostenübernahme für beispielsweise ein Hilfsmittel abgelehnt hat
was eine Schlichtungsstelle ist, welche es gibt, und wie solch ein Schlichtungsverfahren genau funktioniert

Diese sind nur ein paar Punkte von mehreren, denen wir im Projekt auf den Grund gehen möchten.
Uns ist es besonders wichtig, dass das Projekt von vielen behinderten Menschen mitgestaltet wird und die Projektinhalte von ihnen selbst mitbestimmt werden.
Damit wir ein Bild davon bekommen können, was euch beim Thema „Wie setze ich meine Rechte durch?“ wirklich wichtig ist, freuen wir uns sehr, wenn ihr euch an unserer Umfrage beteiligt.
Die Fragen könnt ihr schriftlich, oder mündlich per Telefon oder Zoom beantworten. Wenn ihr gern mit uns persönlich sprechen möchtet, dann schreibt uns einfach eine Mail an: jschroeder@isl-ev.de und wir vereinbaren einen Termin. Wir nehmen uns gern viel Zeit für euch, um zu erfahren, was euch bewegt und wie wir unser Projekt so gestalten können, dass es euch wirklich etwas nützt, euch stärkt und motiviert, für eure Rechte zu kämpfen. Nun folgen die Fragen, die ihr vollständig oder auch nur teilweise beantworten könnt.
Per Mail könnt ihr die Antworten auf die Umfrage bis zum 10. Januar 2021 an jschroeder@isl-ev.de senden.
Fragen:

In welchen Bereichen habt oder hattet ihr Probleme euer Recht durchzusetzen? Beispiele: Bei der Beantragung von Hilfsmitteln, der Feststellung des Grades einer Schwerbehinderung, der Eingruppierung in eine Pflegestufe, oder andere Beispiele?
Bitte beschreibt eure Probleme bei der Rechtsdurchsetzung in einigen Sätzen: Beispiel: Mitarbeitende bei Behörden geben keine Informationen, nehmen euch nicht ernst, stellen entwürdigende Fragen usw.
Was müsste sich verändern, damit ihr eure Rechte besser durchsetzen könnt?
Was würdet ihr gern wissen und welche Fähigkeiten erwerben, damit ihr bei euren rechtlichen Angelegenheiten, noch besser für eure eigenen Rechte eintreten und diese selbstbestimmt wahrnehmen und durchsetzen könnt?

Weihnachtliche Lesung und Austausch

Ein interaktives Online-Treffen von Menschen mit Sehbeeinträchtigung und allen Interessierten
Im Rahmen der regelmäßigen Austausch-Treffen Sehbeeinträchtigter Ratsuchender findet am 17. Dezember ab 18 Uhr eine weihnachtliche Lesung über Zoom statt. Die Geschichte „Ein Weihnachtsmann für die Erwachsenen“ liest die blinde Autorin Pilar Baumeister selbst. Im Anschluss sind alle Zuhörer*innen dazu eingeladen am Austausch aktiv teilzunehmen. Auch Ihre Geschichten, Lieder und Gedichte können Sie dazu beitragen.
Interessierte sind herzlich eingeladen sich bei uns mit Themenvorschlägen zu melden und erhalten weitere Informationen zur Teilnahme.
Kontakt:Rose JokicE-Mail: beratung@eutb-sl-koeln.deTelefon: 0221 32 22 90

Der Adventskalender des KSL Köln

Auch wir freuen uns auf die Vorweihnachtszeit. Um euch die Zeit bis zur (in diesem Jahr besonders) verdienten Festtagspause zu versüßen, startet am 1. Dezember der KSL-Adventskalender. Schaut vorbei!
zum Kalender

Orange Days – Köln gegen Gewalt an Frauen

Mit dem „Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen“ am 25. November starten die jährlichen „Orange Days“, die mit vielfältigen Aktionen sichtbare Signale gegen Gewalt an Frauen setzen.
mehr erfahren

Online-Befragung: Corona-Folgen für Menschen mit Behinderungen

Welche Auswirkungen hat die Corona-Pandemie auf die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen, chronischen Erkrankungen und Pflegebedarf? Wie müssen Reha-Angebote angepasst und verändert werden, um Teilhabe sicherzustellen? Im Corona-Konsultationsprozess der Deutschen Vereinigung für Rehabilitation (<abbr title=“Deutsche Vereinigung für Rehabilitation e. V.“>DVfR</abbr>) untersuchen wir diese Fragen mit Unterstützung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (<abbr title=“Bundesministerium für Arbeit und Soziales“>BMAS</abbr>).
Informationen & Befragung

Online-Austauschtreffen von Menschen mit Sehbeeinträchtigung

Die EUTB “Selbstbestimmt leben Köln“ bietet Jeden dritten Donnerstag im Monat ein Online-Treffen an
Ratsuchende mit Sehbeeinträchtigungen interessieren sich für vielfältige Themen und haben großen Austauschbedarf auch in Zeiten der Pandemie. Deshalb bieten wir ab November 2020 jeden dritten Donnerstag im Monat eine Online-Austauschmöglichkeit zu bestimmten Themen an.Hilfsmittel, Kultur- und Sportangebote, Assistenz, Studium oder Weihnachten sind nur einige Themen, über die wir uns austauschen wollen.
Die nächsten Online-Treffen  finden am 19. November sowie am 17. Dezember ab 18 Uhr statt.Interessierte sind herzlich eingeladen sich bei uns mit ihren Themenvorschlägen zu melden und erhalten weitere Informationen zur Teilnahme.
KontaktpersonRose JokicE-Mail: beratung@eutb-sl-koeln.deTelefon: 0221 32 22 90
Kommende TermineDonnerstag 19.11.2020 18 UhrDonnerstag 17.12.2020 18 Uhr

Echt behindert! Krüppelstandpunkt und selbstbestimmtes Leben

Seit 30 Jahren gibt es die Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben. Sie bietet Beratung von Behinderten für Behinderte und kämpft für Inklusion und Barrierefreiheit. Sie hat eine bemerkenswerte Vorgeschichte. Ein Podcast der Deutschen Welle.
zum Podcast

Kölner Perspektiven: Behinderung

Unsere Kollegin Jenny Westbomke und unser Vereinsmitglied Sabine Weinmannin in der großen Express-Reihe "Kölner Perspektiven". Großartig ihr beiden!
https://www.express.de/koeln/perspektiven/rollstuhlfahrer-aus-koeln-wenn-eine-einzige-stufe-zur-unueberwindbaren-huerde-wird-37424526