Deutsches Institut für Menschenrechte wirbt für Versachlichung der Debatte / Bundesländer müssen notwendige Rahmenbedingungen schaffen
Schulische Inklusion ist für viele Lehrkräfte und Eltern zu einem Reizthema geworden, manchen erscheint sie angesichts vorhandener Umsetzungsprobleme schon gescheitert. Doch inklusive Bildung ist ein Menschenrecht, zu dessen Umsetzung sich Deutschland völkerrechtlich verpflichtet hat.
Das Deutsche Institut für Menschenrechte wirbt deshalb für eine Versachlichung der Debatte und fordert die Bundesländer auf, ein inklusives Bildungssystem nach den Vorgaben der UN-Behindertenrechtskonvention zu schaffen. „Gut gemachte inklusive Bildung kommt allen zugute, Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf wie Hochbegabten. Gleichzeitig wird kein Kind ausgeschlossen“, sagt Valentin Aichele, Leiter der Monitoring-Stelle UN-Behindertenrechtskonvention des Deutschen Instituts für Menschenrechte.
„Das inklusive Schulsystem steckt acht Jahre nach Inkrafttreten der UN-Behindertenrechtskonvention in den meisten Bundesländern immer noch in den Kinderschuhen“, kritisiert Aichele. Zwar gebe es Fortschritte in Praxis und Gesetzgebung, die von Bundesland zu Bundesland sehr unterschiedlich ausfielen; ebenso erfolgreiche Modellprojekte der Inklusion. Doch kein Bundesland habe bisher den notwendigen Rahmen für Aufbau und Betrieb inklusiver Schulen abschließend entwickelt. Bei der Umsetzung seien oftmals handwerkliche Fehler gemacht worden. „Wir ermuntern alle Beteiligten, aus den bisherigen Fehlern zu lernen und den Aufbau eines inklusiven Schulsystems zielgerichtet anzugehen“, so Aichele weiter. Dies gelinge nicht durch Abwarten oder Widerstand, sondern nur durch sachorientiertes und tatkräftiges politisches Handeln.
Die Forderung des Deutschen Instituts für Menschenrechte: Die Bundesländer müssen Gesamtkonzepte zum Aufbau eines inklusiven Schulsystems ausarbeiten, die konkrete Maßnahmen und zeitliche Vorgaben enthalten. Sie müssen personelle wie finanzielle Ressourcen zum Aufbau inklusiver Schulen umschichten. Das bedeutet auch die schrittweise Abschaffung der Sonderschulen. „Die Aufrechterhaltung eines Sonderschulsystems neben der Regelschule ist nicht mit der UN-Behindertenrechtskonvention in Einklang zu bringen“, sagt Aichele. Das hat auch der UN-Ausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen 2016 in seiner „Allgemeinen Bemerkung Nr. 4“ klar gestellt.
Die Politik muss zudem die Befürchtungen der Schülerinnen und Schüler, Eltern, Lehrkräfte sowie anderer Berufsgruppen ernstnehmen und ihr Vertrauen in die Umgestaltung stärken.
Das Institut ist mit dem Monitoring der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention betraut worden und hat hierfür die Monitoring-Stelle UN-Behindertenrechtskonvention eingerichtet. Es hat gemäß der UN-Konvention (Artikel 33 Absatz 2 UN-BRK) den Auftrag, die Rechte von Menschen mit Behinderungen zu fördern, zu schützen und die Umsetzung der Konvention in Deutschland zu überwachen. Die UN-Behindertenrechtskonvention ist seit 2009 in Deutschland rechtsverbindlich.