Ein Zeichen setzen für die Würde von Frauen und Mädchen, ein Signal geben gegen Übergriffe und Gewalt, in Zeiten der uferlosen Diskussionen, Berichterstattungen und Großveranstaltungen von Silvester über Karneval zum Oktoberfest, das war der Wunsch der Kölner Initiative gegen sexualisierte Gewalt. Das Thema auf den Punkt bringen, weg von Instrumentalisierungen und Scheindebatten. Eine eindeutige Darstellung, um was es geht.
Zusammen mit der Fotografin Bettina Flitner hat man die Idee zu diesem Plakat entwickelt. Die drei abgebildeten Frauen sind keine Profi-Models, sondern kommen aus dem Umfeld der Fotografin. Frauen und Mädchen, so unterschiedlich sie unter verschiedensten Aspekten sein mögen und so verschieden ihre Lebenssituationen auch sind, sind de facto in hohem Maß dem Risiko ausgesetzt, einmal oder mehrmals in ihrem Leben Opfer von Übergriffen und sexualisierter Gewalt zu werden.
Mädchen und weibliche Jugendliche berichten im geschützten Rahmen von Präventionsveranstaltungen regelmäßig von verbalen und tätlichen Übergriffen ihrer Mitschüler, ihrer Ausbildungskollegen.
Eine EU-FRA –Studie aus dem Jahr 2014 macht diese Angaben: Jede dritte Frau in Deutschland ist mindestens einmal in ihrem Leben von physischer oder sexueller Gewalt betroffen. Fast ein Viertel aller Frauen in Deutschland erlebt mindestens einmal in ihrem Leben Gewalt durch einen Partner. 60% aller Frauen in Deutschland sind schon einmal sexuell belästigt wurden – am Arbeitsplatz, zu Hause, auf der Straße, in der U-Bahn.
http://fra.europa.eu/de/publication/2014/gewalt-gegen-frauen-eine-eu-weite-erhebung-ergebnisseauf-einen-blick#
Ein Alltag und ein Zustand, der immer noch zu wenig Beachtung findet. Anders, wenn die Gewalt sich geballt in einem bis dahin eher ungewohnten Ereignis darstellt.
Übergriffe und sexualisierte Gewalt gegen Frauen und Mädchen waren 2016 ein zentrales Thema in der öffentlichen Debatte und in den Medien. Ausgelöst durch die Straftaten auf dem Kölner Bahnhofsvorplatz schien die Auseinandersetzung um das Recht auf Unversehrtheit und sexuelle Selbstbestimmung auf breiter Ebene geführt zu werden. „Nein heißt Nein“ setzte sich durch und das Sexualstrafrecht wurde verändert. Eine Veränderung, für die viele Frauen schon sehr lange gekämpft hatten.
Viele Frauen und insbesondere jene, die zum Thema Gewalt gegen Frauen und Mädchen – oft schon seit Jahrzehnten – aktiv sind, hofften, dass nun mehr Menschen auch für die alltägliche sexualisierte Gewalt sensibilisiert werden.
Stattdessen entwickelte sich vielfach eine gespenstische Debatte in der gerade die Gruppe, die am häufigsten von Übergriffen und sexualisierter Gewalt betroffen ist, nämlich Frauen und Mädchen, völlig in den Hintergrund traten und damit aus dem Blickfeld gerieten.
Es wurde viel über sie geredet oder von ihnen, mal in guter und auch in schlechter Absicht, sie wurden Objekt von Schutzüberlegungen und Sicherheitsmaßnahmen, von Medieninteressen und in besonders übler Weise auch von nationalistischen und rechtsextremen Kreisen.
Die Diskussion über die Häufigkeit von Belästigung am Ausbildungs- oder Arbeitsplatz, in Kneipen, bei Feiern blieb aus. Die Sexualisierung und Pornofizierung durch Bordell- und andere Werbung im öffentlichen Raum wurde nicht besprochen. Der frauenfeindliche Witz im Freundeskreis, unter Kollegen und auf der Herrensitzung scheint nicht der Widerrede wert.
So geschieht es, dass zwar die Empörung über die Straftaten einer Nacht sehr groß ist, aber keine Weiterung der Wahrnehmung und der Auseinandersetzung auf die alltägliche(n) Herabsetzungen, Beleidigungen, Übergriffe, Gewalt stattfindet. Damit bleiben Mädchen und Frauen auch weiterhin vielfach allein und manchmal fast unsichtbar.
Aber all dies, die einzelnen und die massenhaften Übergriffe und Straftaten, verletzt die Würde von Frauen und Mädchen und bricht ihr Recht auf ein gewaltfreies Leben!
„Sicherheit für Frauen und Mädchen! Immer und überall!“, ein Leben in Würde und Selbstbestimmung, das ist unsere Forderung.
Dies zu erreichen ist keine individuelle Aufgabe der einzelnen Frau, sondern eine Herausforderung für alle Ebenen und Teile der Gesellschaft.
Nicht zu vergessen: Jeder vierte Deutsche findet laut EU-Umfrage „nicht einvernehmlichen“ Sex, sprich sexualisierte Gewalt, manchmal gerechtfertigt.
Die politischen EntscheidungsträgerInnen müssen sich der Alltäglichkeit von Abwertung, Übergriffen, sexualisierter und anderer Gewalt gegen Frauen und Mädchen ebenso stellen wie die Gesellschaft insgesamt.
Sicherheitsmaßnahmen sind nur ein Aspekt, die Verankerung und Finanzierung von Präventionsarbeit ein wesentlicher weiterer und die Umsetzung konkreter Maßnahmen, wie Ausbau konkreter Hilfeangebote, gehört ebenso dazu.
Gesellschaftliche Zivilcourage, zur Unterstützung von in ihrer Würde, Unversehrtheit und Selbstbestimmung angegriffenen Frauen und Mädchen, steht aus.
Das Kompetenzzentrum Selbstbestimmt Leben Köln ist Teil der Kölner Initiative gegen sexualisierte Gewalt. Das Plakat der Aktion als Download.
Das Kompetenzzentrum Selbstbestimmt Leben Köln ist Teil der Kölner Initiative gegen sexualisierte Gewalt. Das Plakat der Aktion als Download.